Bridge-Kurs an der Uni erfolgreich

Es hat mittlerweile schon fast Tradition: Im vierten Jahr hintereinander ist nun der auf Studenten zugeschnittene Bridge-Anfängerkurs des BC Göttingen-Uni mit Erfolg abgeschlossen worden. Die Kurse werden im Programm des Allgemeinen Hochschulsports der Universität Göttingen angeboten und laufen jeweils während der Vorlesungszeiten der Wintersemester.

Die Absolventen sind nun in der Lage, bei den regulären Clubturnieren mitzuspielen. In diesem Jahr haben 7 Neulinge durchgehalten und an den beiden abschließenden Turnieren (je ein Paar- und ein Teamturnier) mitgemischt (eine Absolventin fehlt auf dem Foto). Allen wurde per Urkunde die Turniertauglichkeit bescheinigt.

Tatsächlich müssen alle Teilnehmer noch viel lernen (wie die meisten von uns), sind aber in der Lage, Bridge auf einem Niveau zu spielen, dass Spaß dabei aufkommt und Clubturniere zu bewältigen sind. Allen Neulingen muss große Anerkennung ausgesprochen werden, denn das absolvierte Pensum ist ausgesprochen anspruchsvoll. Man muss schon mit viel Interesse und Engagement am Ball bleiben, um mithalten zu können.

Nun muss es gelingen, auch diese neuen Bridger in den Club zu und in die Göttinger Bridgeszene integrieren und damit neuen Schwung ins Vereinsleben zu bringen. Die ersten Schritte dazu sind schon getan. Dank der aktiven Mitwirkung der Clubmitglieder wurden nicht nur 2 spannende Abschlussturniere im Spiellokal durchgeführt, sondern auch Kontakte für zukünftige Partnerschaften geknüpft.

Bridgeangebot an Hochschulen – ein Konzept
Ausgangslage
Die meisten Bridge-Clubs in Deutschland haben mit schrumpfenden Mitgliederzahlen und einer
Überalterung zu kämpfen. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Aber das Hauptproblem scheint zu
sein, dass sich der Bridge-Sport gegen eine Vielzahl von Angeboten im digitalen Zeitalter
behaupten muss. Hinzu kommt, dass das Spiel im krassen Gegensatz zu seinem tatsächlichen
Charakter das Image eines eher langweiligen Spiels hat, das vornehmlich von ‚älteren Damen‘ beim
Tee gespielt wird. Zunächst stellt sich also die Aufgabe, die ‚richtigen‘ Kandidaten zu erreichen und
fürs Spiel zu interessieren.
In den 70er und 80er Jahren, als es noch keine digitalen Angebote gab, hatten es klassische
Denksportarten vermutlich leichter, auch die junge Generation anzusprechen. Ich kann hier nur über
die Situation zur damaligen Zeit in der Universitätsstadt Göttingen berichten. Neben einem
regulären Bridgeclub gab es auch eine nicht als Verein agierende Bridgegruppe im Rahmen des
Allgemeinen Hochschulsports, aus dem später ein dem DBV angeschlossener Club entstand. Diese
Gruppe hat damals regelmäßig Kurse für studentische Anfänger angeboten und so viele neue
begeisterte Fans generiert.
Die Universität mit ca. 30000 Studierenden gibt es natürlich auch heute, warum sollte man in
diesem Umfeld kein passendes Bridgeangebot machen können? Und zwar in einem Format, das auf
diese Zielgruppe zugeschnitten und preisgünstig ist.
Angebote an junge Erwachsene – Zusammenarbeit mit dem Hochschulsport (HSS; offizieller Name:
Zentrale Einrichtung für den allgemeinen Hochschulsport an der Georg-August-Universität
Göttingen ),

Kooperationsbereitschaft
In Göttingen zeigt sich der Allgemeine Hochschulsport als recht aufgeschlossen gegenüber
ungewöhnlichen Angeboten. Deshalb ist man dort gerne zur Kooperation bereit. Dabei wird
Folgendes zur Unterstützung geboten:
Aufnahme ins offizielle Kursangebot des HSS
Bekanntmachung in HSS Medien
Nutzung hochschuleigener Räumlichkeiten
Ausstattung (nicht immer optimal, aber ausreichend)
Tafel / Whiteboard
Projektor / Bildschirm
Alle anderen Materialien sind mitzubringen
Nach einer Schnupperphase ist die Mitgliedschaft im HSS Voraussetzung, am Kurs teilzunehmen.
Die Gebühr ist für Studenten, Angestellte der Uni und Externe gestaffelt, aber durchweg
erschwinglich.
Von Nachteil ist, dass man auf die Öffnungszeiten der Institute angewiesen ist. Deshalb ist der
Lehrbetrieb nur während der Vorlesungsperioden möglich. Daher ist das Kursangebot auf ca. 14 UE
(Unterrichtseinheiten) begrenzt.

Rekrutierung – Suche nach Multiplikatoren
Eine wesentliche Aufgabe ist die Rekrutierung von Personen der Zielgruppe. Dies gestaltet sich
mühsam, weil man potentiell Interessierte schwer erreicht. Folgende Maßnahmen wurden neben
den Veröffentlichungen des HSS unternommen:
a) Gezielte Werbung in naturwissenschaftlichen Instituten – In Göttingen richtet die mathematische
Fachschaft in jedem Semester Skat-, Doppelkopf- und Schachturniere aus. Dort durfte Werbung für
Bridge gemacht werden. Vor den Turnieren bestand jeweils für ein paar Minuten die Gelegenheit,
die Mitspieler für Bridge zu interessieren.
b) Mund-zu-Mund Propaganda – Gerade begeisterte Absolventen eines Kurses sind sehr gute
Multiplikatoren. Sie übertragen ihre Begeisterung in ihre Umgebung und animieren damit
Kommilitonen, sich für Bridge zu interessieren und am Anfängerkurs teilzunehmen.
c) Massenhaftes Verteilen von Flyern – An möglichst vielen Einrichtungen der Uni werden Flyer in
großer Zahl platziert. Das erfordert etwas persönlichen Einsatz, dafür sind die Kosten allerdings
recht übersichtlich (1000 beidseitige, farbige DIN-A6 Flyer kosten ca. 15 €).

Der Lehransatz
Begeisterung fürs Spiel vermitteln (durchgehend)
Dabei ist die Authentizität des Kursleiters wichtig
Antizipieren, welche Themen wann sinnvoll zu behandeln sind
Stets logische Zusammenhänge heraus arbeiten, Auswendiglernen ist kontraproduktiv
Kartenspiel-Vorkenntnisse sind erwünscht. Da am Ende des Kurses die Spielbereitschaft in
regulären Clubturnieren erreicht werden soll, ist die Vorgehensweise sehr zügig und anspruchsvoll.
Mini-Bridge wird nicht mal erwähnt. Das bedeutet allerdings, dass Teilnehmer, die noch keine
Erfahrung mit anderen Kartenspielen gemacht haben, bei denen Stiche erzielt werden und es
Trümpfe gibt, kaum eine Chance haben, die Kursinhalte im vorgegebenen Tempo zu erlernen.

Aufbau des Unterrichts
Die 3-stündige UE unterteilt sich in etwa folgendermaßen:
ca. 1 Stunde Reizung,
½ Stunde Spieltechnik,
1 Stunde betreutes Spiel
½ Stunde Nachbesprechung
UE 1 und 2: Es werden zunächst nur die Grundzüge erklärt.
Ziel des Spiels
Grundstrukturen und Basis-Spielregeln
Blattbewertung – die HCP-Zählung
Technischer Vorgang des Reizens
Kontraktarten
Der Spielverlauf
Berechnung gewonnener Kontrakte
Berechnung von Fallern
Ziel: Schnelle rudimentäre Spielfähigkeit

Damit frühzeitig ‚richtig‘ gespielt werden kann, sind erfahrene Bridger im praktischen Teil –
besonders bei den ersten Sitzungen – als Helfer sehr wichtig. Diese können direkt am Spieltisch den
Ablauf erläutern (Karten austeilen, Funktionsweise des Dummys, Nutzung der Biddingboxen,
Reizfolge, Ausspiele, Anschriften) und natürlich kleine Tipps geben und je nach Notwendigkeit
mitspielen. Gerade in den ersten Einheiten ist damit gewährleistet, dass das Spiel an Fahrt gewinnt.
Dies wäre für einen einzelnen Übungsleiter ab 2 Tischen schwer zu leisten. Beim Ansatz in
Göttingen wird diese Aufgabe durch engagierte Clubmitglieder abgedeckt. Auf diese Weise schnell
den Spielspaß zu wecken, ist ein wesentlicher Bestandteil des Konzepts. Anfangs soll jeder intuitiv
reizen und spielen. Massenweise Fehler sind dabei normal und einkalkuliert! Wenn dabei zu viel
durch die Helfer eingegriffen wird, besteht die Gefahr, dass der Spielspaß auf der Strecke bleibt.
Anschließend werden die erzielten Ergebnisse besprochen und die korrekte Reizung sowie
Spieldurchführung skizziert.
Zu jeder Sitzung wird nachträglich Lehrmaterial verteilt. Dieses orientiert sich an den
Unterrichtsunterlagen des DBV. Zur weiteren Orientierung bekommen die Teilnehmer sinnvolle
Links, wie die des DBV, des Heimatvereins, BBO etc. Außerdem gibt’s ab UE 3 schriftlich
kommentierte, vorbereitete Hände.
Ab UE 3: Die Grundzüge werden vertieft, dabei die schon gelernten Inhalte durch thematische
Einbeziehung fortlaufend wiederholt und außerdem jeweils spezielle Kapitel durchgenommen (wie
z. B. SA-Eröffnungen und Weiterreizung.) Das Spektrum der behandelten Themen wird stets
anhand von vorbereiteten (Muster-)Händen praktisch geübt. Im letzten Teil der Sitzung wird
besprochen, was an den Tischen passiert ist und was ggf. besser zu lösen gewesen wäre. Dazu
werden die Verteilungen projiziert. Situationen mit Gegenreizungen werden zunächst vermieden.
Diese finden im Unterricht (zumindest bei den vorbereiteten Händen) erst in späteren Sitzungen
Berücksichtigung. Für das Spiel untereinander außerhalb der UEs wird empfohlen, zunächst intuitiv
zu reizen.
Zwischendurch gibt’s Auflockerungen durch kleine Denkaufgaben. Zum Beispiel werden mal
einfache Squeeze-Positionen gezeigt. Nebenziel hierbei ist es, den Probanden die unglaubliche
Vielfalt und Raffinesse des Bridge zu demonstrieren (nicht etwa Squeezetechniken zu erlernen).
Das an die Theorie angeschlossene Spiel ist der wichtigste Teil jeder 3-stündigen UE. Nur hier wird
der Spaß am Spiel gefördert. Zum einen sinkt nach 1,5 Stunden Theorie die Aufnahmefähigkeit
(und -bereitschaft), zum anderen wird erst dabei das ‚Kartenfieber‘ geweckt. In der Phase ist etwas
Disziplin durch die Helfer gefragt, denn es sollte nicht zu oft ins Spiel eingegriffen werden, wohl
aber aufkommende Fragen beantwortet werden.
Von Anfang an werden beim Spiel turnierübliche Mittel eingesetzt: Tischkarten, Scorezettel,
normale Boards und die für Anfänger hochinteressanten Biddingboxen. Formalien, die bei
Clubturnieren obligatorisch sind, werden jedoch außer Acht gelassen: Stoppkarten, Sofortansagen
etc. werden nicht angewendet.
Die Ergebnisse an den Tischen werden hinterher besprochen. In diesem Abschnitt merkt man den
Teilnehmern aber oft schon Ermüdungserscheinungen an. Deshalb ist es wichtig, dass die Blätter
zum Nachlesen schriftlich kommentiert ausgehändigt werden. Dazu gibt’s natürlich auch die
durchgenommenen Abschnitte aus dem Unterrichtsmaterial-Fundus des DBV.

Lehrinhalte
Reizung
Grundsystem: 5er Oberfarben, 1 SA = 15 – 17, 2 SA = 20 -21, Benjamin
Figurenpunkte, Figurenlängenpunkte, Figurenverteilungspunkte
Eröffnung 1 in Unterfarbe und Weiterreizung
Eröffnung 1 in Oberfarbe und Weiterreizung
Eröffnungen in 1- und 2 SA und Weiterreizung
Stayman und Weiterreizung
Transfers in OF und Weiterreizung
Neue Blattbewertung bei Entdeckung des Fits
Direkte Hebungen von Partners Eröffnungsfarbe (die Bietstufe zeigt direkt die Stärke
gemäß Figurenverteilungs-Punktezählung)
Direkte Weak-2-Eröffnungen und Weiterreizung
Benjamin 2 Treff-Eröffnung mit Weiterreizung (mit 2 Karo-Pflicht-Relais; Einfärber
oder SA)
Benjamin 2 Karo-Eröffnung mit Weiterreizung (mit 2 Coeur-Pflicht-Relais;
Einfärber, Mehrfärber oder SA)
Assfrage per Roman Keycard Blackwood (30 41 2- 2+)
Sperreröffnungen auf 3er-Stufe
Gegenüberstellung nichtforcierende – forcierende Reizungen
Gegenüberstellung limitierte – unlimitierte Reizungen
Einfache Farbgegenreizungen
Informations-Kontra und Weiterreizung
Spieltechnik – Alleinspiel
Impass und Expass
Durchführung von Farbkontrakten (Stiche zählen; Stechen mit der kurzen
Trumpfhaltung, Entwicklung von Längenstichen, Cross-Ruff)
Durchführung von SA-Kontrakten (Stiche zählen; Entwicklung von Längenstichen,
Ducken von Angriffen)
Spieltechnik – Gegenspiel
Ausspiele von Sequenzen und inneren Sequenzen gegen Farbkontrakte
Sonstige Angriffe gegen Farbkontrakte mit kleinen Karten (3. / 5.)
Markierungen: Längenmarke aufs Angriffsass (klein = gerade, hoch = ungerade);
Positiv-negativ-Marken (klein = positiv, hoch = negativ), Lavinthalabwürfe
Ausspiele von Sequenzen und inneren Sequenzen gegen SA-Kontrakte
Sonstige Angriffe gegen SA-Kontrakte mit kleinen Karten (2. / 4.)
Die 11er Regel und ihre Anwendung

Ergänzende Angebote
Sehr wichtig sind zusätzliche Spielmöglichkeiten. Am besten ist es, wenn sich die Teilnehmer
zusätzlich privat treffen und Bridge spielen. Hier sollte man die Kursteilnehmer zur Eigeninitiative
ermutigen und ggf. Spielmaterial (z. B. Bidding Boxen) leihweise zur Verfügung stellen. Beim
Spiel auftauchende Fragen werden vom Kursleiter gerne beantwortet. Abends nach dem Kurs haben
manche noch Lust, weiter zu spielen. Dann besteht das Angebot, anschließend an den offiziellen
Teil noch ein Stündchen im Vereinslokal dranzuhängen.
Im Vereinslokal finden dann auch die Abschlussturniere (je ein Paar- und ein Teamturnier) statt, die
nach Ende des offiziellen Kursangebots veranstaltet werden. Diese Turniere werden noch nicht
strikt nach den geltenden DBV-Turnierregeln ausgetragen, jedoch bietet sich hier die Gelegenheit,
das Regelwerk etwas kennen zu lernen und einen etwas größeren zeitlichen Spielraum pro Board zu
haben. Dabei wirken die Clubmitglieder begeistert mit und bilden zusammen mit den Anfängern die
Paare. Hier werden auch die ersten Schritte zur Einbindung der ‚Neuen‘ ins Clubleben getan und
Kontakte zu möglichen Paten- und Spielpartnerschaften geknüpft. Die Ergebnisse der
Abschlussturniere werden auf der Homepage des Clubs eingestellt. Zum Glück sind im BC GÖ-Uni
viele Mitglieder den Anfängern gegenüber sehr aufgeschlossen. Neben einer regen Teilnahme bei
den beiden Abschlussturnieren bieten sie sich auch für die ersten regulären Clubturniere gerne als
Partner an.
Für die weitere Integration der Anfänger bietet unser Club vor den regulären Turnieren
halbstündige Fortbildung (Fitnessrunde) an, wobei jeweils spezielle Themen behandelt und
schriftliche Erläuterungen nachgereicht werden. Bei Bedarf werden außerdem weitere
Übungsabende angeboten.

Erfahrungen
In den letzten 4 Wintersemestern sind Kurse mit dieser Herangehensweise angeboten worden. Wenn
sich genügend Interessenten in den ersten Sitzungen einfinden, hat man gute Chancen, davon einige
dauerhaft an unser Spiel zu binden. So hat der BC GÖ-Uni bis heute dadurch 10 neue Mitglieder
(ohne die Kandidaten aus dem gerade abgeschlossenen Kurs) gewonnen. Viele davon spielen
regelmäßig im Club. Andere verlassen nach dem Studium Göttingen, bleiben dem Bridge und
unserem Verein aber verbunden, indem sie als Ligaspieler aktiv sind. Auf diese Weise stellt der BC
GÖ-Uni nunmehr alleine 5 Ligamannschaften (2 davon in den letzten 3 Jahren neu aufgestellt), was
bei einer Gesamtmitgliederzahl von 57 beachtlich ist. Damit ist mehr als jeder Zweite in eine
Mannschaft eingebunden. Außerdem wird das Durchschnittsalter im Club deutlich gesenkt.
Generell sollten auch abends Clubturniere angeboten werden. Studenten und erwerbstätige
Erwachsene haben nachmittags einfach keine Zeit zum Kartenspielen. Clubs, die auf jungen
Nachwuchs setzen, sollten diesen Aspekt im Auge behalten


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